Biodynamische Körperpsychotherapie & Psychologie®
Rechtlicher Status: Die Biodynamische Körperpsychotherapie ist in Österreich als psychotherapeutische Fort- und Weiterbildung anerkannt, nicht jedoch als eigenständige psychotherapeutische Methode. International wurde sie von der Europäischen Gesellschaft für Körperpsychotherapie (EABP) als wissenschaftliche körperpsychotherapeutische Ausbildungseinrichtung akkreditiert. Sie ist durch die Europäische Gesellschaft für Psychotherapie EAP als eine Submodalität der Körperpsychotherapie anerkannt und als solche berechtigt sie ihre Absolventinnen das Eurozertifikat für Psychotherapie zu beantragen.
Die Theorie und Entstehungsgeschichte
Die Biodynamische Körperpsychotherapie und Psychologie® gehört zu den ältesten Methoden der Körperpsychotherapie in Europa, die neben der, in den USA entwickelten
Bioenergetischen Analyse von Alexander Lowen, Grundsteine für die heutigen körperorientierten Ansätze der Psychotherapie gelegt hat. Sie hat Wurzeln in der Vegetotherapie
Wilhelm Reichs, der Physiotherapie Aadel Bülow-Hansens, der Humanistischen Psychologie, sowie Ansätzen Carl Gustav Jungs. Begründet von der
norwegischen Diplompsychologin und Physiotherapeutin Gerda Boyesen und weiterentwickelt von ihren Töchtern Ebba und Mona Lisa Boyesen, wird die
Biodynamische Körperpsychotherapie in vielen Ländern praktiziert. Sie ist eine tiefenpsychologisch fundierte, körperorientierte Therapieform und basiert auf den frühen Libidotheorien
Freuds, sowie den Arbeiten von C.G. Jung und Wilhelm Reich.
Biodynamische Psychologie® ist eine biologische Theorie von Psychologie, die sich für die organischen Verbindungen von Körper und Psyche
interessiert. Sie betrachtet psychologische Prinzipien nicht nur als Theorien und Konzepte, sondern als tatsächliche energetische Kräfte, die organische und neurologische Wirklichkeit sein
können. Der Begriff „biodynamisch“ erinnert an das Konzept, dass Lebensenergie in natürlichem und spontanem Fluss ist (griech: βίος, bios heißt "Leben", δύναμις, dýnamis heißt "Kraft, mächtig"). Lebensenergie ist die Kraft, die uns bewegt und uns auf allen Ebenen
Lebendigkeit bringt: körperlich, intellektuell, gefühlsmäßig und geistig.
Sigmund Freud deutete in seinen frühen Libido-Theorien an, dass das Phänomen der psychischen Energie, die dynamische Kraft der sexuellen Instinkte
sei. Wilhelm Reich führte diese Idee weiter, indem er annahm, dass diese Energie kosmischen Ursprungs sei. Er nannte sie Orgonenergie, die sich als Energiestrom im
Körper bemerkbar macht und direkten Einfluss auf das autonome Nervensystem und seine vegetative Funktion hat. Die Biodynamische Psychologie® ist somit eine Weiterentwicklung von Sigmund
Freuds Libidotheorie und Wilhelm Reichs Orgonomie und Vegetotherapie, die ebenso auf die fundamentalen Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche hinweist
und pathologische Erscheinungen als eine Störung des Flusses der Bioenergie ansieht, die sich in Charakter- und Muskelpanzer sowie psychischen und psychosomatischen Erkrankungen ausdrückt.
Ausgehend von der Annahme, dass alle psychischen Befindlichkeiten in unterschiedlichster Form „verkörpert“ sind, werden in der Biodynamik Psyche und Körper als zwei
Seiten desselben Lebensprozesses angesehen. Der ganze Organismus wird als Erfahrungsspeicher und Behältnis des Unbewussten und darüber hinaus als fähig zur Selbstregulation und Selbstheilung
betrachtet.
Einer der wesentlichen Beiträge der Biodynamik im Unterschied zu anderen Körperpsychotherapien ist die Entdeckung, dass die toxischen Komponenten von emotionalem
und seelischem Stress im Verdauungssystem über die Darmperistaltik entladen werden können. Unter günstigen Umständen (Fähigkeit zur Selbstregulation des Organismus gegeben), die in Begleitung
emotionaler Erregung auftreten, werden fortlaufend hormonelle Rückstände ausgeschieden. Im vegetativen Nervensystem haben das symphathische und parasympathische Nervensystem eine wichtige
Funktion. Vereinfacht ausgedrückt: Arbeitet der Symphathikus zu stark ( bei Stress und Anspannung) schließt sich die Darmperistaltik und die Entladung der toxischen Komponenten wird unterbunden.
Entspannt sich der Organismus und der Parasymphathikus tritt in Funktion, öffnet sich die Darmperistaltik (gelegentlich als glucksende Geräusche des Darms hörbar) und trägt auf vegetativer Ebene
zur emotionalen Verarbeitung bei.
Neuere Forschungen in der Neurophysiologie bestätigen, dass wir noch über ein drittes Nervensystem, das sog. „enterische Nervensystem“ verfügen und im gesamten
Nervensystem mehr Nervenzellen als im Rückenmark haben. Wir besitzen somit ein „Bauchhirn“ im Verdauungssystem als Sitz der emotionalen Intelligenz, das weitgehend unabhängig vom „Kopfhirn“
reagiert.
Die therapeutische Arbeit
Die Biodynamische Körperpsychotherapie verbindet psychoanalytisches Herangehen und körperorientierte Arbeit; sie ermöglicht dadurch die komplizierte Beziehung
zwischen mentalen, emotionalen und körperlichen Bedingungen gleichzeitig zu behandeln, den Selbstheilungsprozess zu fördern, indem sie den neurotischen und psychosomatischen Symptomen die Basis
entzieht. Dieser therapeutische Ansatz ermöglicht einen direkten Zugang zum ursprünglichen Gefühl, den damit zusammenhängenden Konflikten aus der Kindheit, verbunden mit verbesserter
Körperwahrnehmung, differenzierterer Gefühlswahrnehmung und zunehmender Klarheit, die zu einer selbstverständlichen, tieferen Veränderung der Haltung zum eigenen Leben beitragen.
Gelegentlich können während des Therapieprozesses als Anzeichen des Wandels psychische u./o. vegetative Reaktionen auftreten, wie z.B. Erkältungen („altes
unausgedrücktes Weinen“) Stimmungsschwankungen, phasenweise Müdigkeit oder auch starke Aktivitätsschübe. Diese Vorgänge werden als Begleiterscheinungen des Vorgangs betrachtet,
Reinigungsprozesse, während sich alte neurotische Muster gefühlsmäßig und organisch auflösen und bestätigen die Wirksamkeit der therapeutischen Arbeit.
Die Behandlungsdauer ist abhängig von der Befindlichkeit und dem Schweregrad des gestörten Gleichgewichtes, mit dem der Klient/die Klientin zu uns
kommt.
Neben der direkten Körperarbeit und intentionalen Berührungen wird viel Raum für tiefenpsychologisches gespräche und emotionales Durcharbeiten gegeben.
Bilderarbeit, Körper(wahrnehmungs)übungen, Atemtechniken, therapeutische Berührungen und verbale Methoden finden Verwendung. Sowohl körperlich als auch psychologisch wird mit dem gearbeitet, was
für den Klienten gerade aktuell ist.
Wenn sich Blockaden lösen, stellen sich zunehmend „strömende“ Gefühle, Empfindungen ein, die als beglückend und wohltuend erlebt werden. Damit entsteht ein Gefühl
des unabhängigen Wohlbefindens, eines Menschen, der sich mit sich selbst, im eigenen Körper und auf der Welt wohl und zuhause fühlt und sich auf einen vertrauensvollen Kontakt mit anderen
Menschen einlassen kann. Der natürliche Rhythmus von Kontakt und Rückzug in sich selbst wird wieder hergestellt, Bewusstheit und Ausdruck in der Beziehung zu anderen Menschen gefördert. Alte,
bisher unverdaute emotionale Erfahrungen, dadurch fälschlich konzipierte Lebenskonzepte runden sich ab, energetische Verhärtungen (Blockaden) schmelzen und die Fähigkeit, tief loszulassen, nimmt
kontinuierlich zu. Wir „müssen“ nicht mehr auf eingeschränkte Art und Weise leben und reagieren, sondern gewinnen sowohl im Innen als auch im Außen an Freiheit, wählen und entscheiden zu können,
wie wir unser Leben gestalten möchten. Damit kehrt auch ein Wohlgefühl zurück, das wir als das Lebensrecht eines jeden Menschen erachten. Biodynamische Körperpsychotherapie bedeutet die
Lebensfreude hinter dem Schmerz entdecken zu können.
Anwendungsbereiche
In jedem von uns steckt die Möglichkeit, ein zufriedenes und bewusstes Leben zu führen.
Viele Menschen machen in ihrer Kindheit und späteren Lebensphasen schwierige, prägende Erfahrungen. Sie erleben Ablehnung, Überforderungen, Unterdrückung, Kränkung,
Missachtung und Vernachlässigung, emotionale Ausbeutung, mangelnde Wertschätzung, traumatische Situationen usw. Wir alle sind mehr oder minder davon betroffen. Um unser Überleben zu sichern,
passen wir uns an und geben dabei viel von dem auf, was eigentlich unsere Persönlichkeit ausmacht. Das reduziert unserer Lebendigkeit und beeinträchtigt unser Denken, Fühlen, Empfinden und
Handeln und dies führt wiederum zu Problemen in Beziehung zu anderen Menschen. Innere Impulse, die nicht erwünscht waren, mussten unterdrückt werden. Unsere Lebendigkeit kann dadurch in folgenden
Bereichen beeinträchtigt werden:
auf der verbal-kognitiven Ebene (Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, Glaubenssätze…)
auf der bildlichen Ebene („eingefrorene“ Bilder über uns und die „Welt“)
auf der Gefühlsebene (Verdrängungen, Ängste, Überreaktionen, innere Leere…)
auf der Ebene der Körperempfindungen (Schmerz, Taubheitsgefühl, Lustlosigkeit…)
auf der Ebene der Bewegung (Anspannung, Unruhe, Getriebenheit, Schlaffheit…)
auf der vegetativen Ebene (Blockierungen der Verdauung, der Atmung, des Schlafes, des Blut- und Flüssigkeitskreislaufes, der Stoffwechselprozesse…)
Mit Hilfe der Biodynamischen Körperpsychotherapie können Blockaden allmählich gelockert und die natürlichen Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte in uns
wieder aktiviert werden, so dass allmählich die ursprüngliche Lebensfreude wieder einkehren kann.
Das Spektrum der Biodynamischen Arbeit reicht dabei von präventiver Arbeit mit Entspannung gegen Stresssymptome („Biorelease“) bis hin zu tiefgehender
Psychotherapie bei schwierigen Konflikten, neurotischen Störungen und psychosomatischen Krankheitsbildern. Die Methode eignet sich sowohl für Erwachsene als auch für Kinder- und
Jugendliche.
Quellenangabe:
Anna Gruber-Laumer / Manfred Voggeneder, ®evolution Praxis für Integrative Körpertherapie Mödling, http://www.koerper-therapie.at/
Europäische Schule für Biodynamische Psychologie e.V., https://www.biodynamik.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Biodynamik